Montag, 15. Oktober 2007

Hufrehe - Risikofaktor Weidegras in der kalten Jahreszeit

Hufrehe – Risikofaktor Weidegras in der kalten Jahreszeit!Was verursacht die Hufrehe?

Es gibt viele verschiedene Gründe Eine der hauptsächlichen Gründe für die Entstehung von Hufrehe ist die durch Beweidung von Grasflächen ausgelöste Hufrehe. Mit Beginn der Weidesaison steigen auch die Hufrehefälle.


Hauptverursacher bei der durch Grasaufnahme bedingten Rehe scheint eine bestimmte in Pflanzen vorkommende Art von langkettigen Zuckern zu sein. In der Biochemie heißt diese Substanz "Fructan". Fructan ist ein Polysaccharid und dient in Pflanzen als kurzfristiger Energiezwischenspeicher. Bis zu 90% der Energie wird in Gräsern als Fruktan gespeichert, der Rest in Form von Stärke. Die bisherige Annahme, daß Proteine der Auslöser für die Weide bedingte Rehe sind, ist mittlerweile verworfen.

Die Fotosynthese der Pflanzen und damit die Produktion von Energie ist abhängig von der Lichtmenge bzw. der Stärke der Sonneneinstrahlung sowie Wärme und dem Vorhandensein von Wasser und Luftfeuchtigkeit. Je wärmer und feuchter es also am Tage ist, desto intensiver läuft die Fotosynthese und damit die Produktion von Energie und Energieträgern im Gras. Wird also Witterungs- und Tageslichtbedingt mehr Energie und damit mehr Zucker gebildet, als für das Wachstum der Pflanze verwendet werden kann, beginnt die Pflanze den Zucker in Fructan umzuwandeln, um die überschüssige Energie „zwischenzulagern“. Die Fructan Energiespeicher werden dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgebaut und beim Pflanzenwachstum verwendet.

Die Menge der gebildeten Fructane hängt aber noch von zusätzlichen anderen Faktoren ab und unterscheidet sich je nach Pflanzenart, Pflanzenbestandteile, dem Reifheitsgrad der Pflanze sowie der Tageszeit und saisonalen Effekten. Die Schwankungen in der Fruktankonzentration kann sich binnen weniger Stunden, verändern, sodass am Vormittag eine völlig andere Situation vorherrschen kann als am Nachmittag.

Die Schwankungsbreite des Fructangehaltes kann enorm sein. Z. B. findet man bei kühlem Wetter (etwa 0 - 8 °C) bis zu 200 mal mehr Fructan im Gras als bei wärmeren Wetter (ca. 20 °C). Da das Gras bei den kühlen Temperaturen langsamer wächst, speichert es die überschüssige Energie in Form von Fructan zwischen. Ist die Sonneneinstrahlung jedoch reduziert, bei bewölktem Wetter oder Regen, fehlt das entsprechende Licht und die Fotosynthese läuft nur auf Sparflamme weshalb dann nur wenig Energie und auch nur wenig Fructan gebildet wird. Gerade also auch in den Herbsttagen, wo niedrige Temperaturen vorherrschen aber die Sonne noch eine höhere Konzentration hat, muß bei reheanfälligen Pferderassen aufgepaßt werden.


Kaltes Wetter oder Nachtfrost
Kein Wachstum aber gesteigerte Fructanspeicherung
Rehegefahr


Kaltes oder frostiges Wetter und strahlender Sonnenschein
Sehr hohe Energieproduktion und massive Speicherung von Fructan, da kein entsprechendes Wachstum
Sehr hohe Rehegefahr


Bedeckter Himmel
Wenig Energieproduktion
Geringe Rehegefahr


Warmes Wetter, bedeckt und genügend Feuchtigkeit
Wenig Energieproduktion aber Wachstum und Abbau der Fruktanspeicher
Abnehmende Rehegefahr


Aus diesem Grund sollten rehegefährdete Pferde keinesfalls an einem frostigen und noch dazu sonnigen Morgen auf die Weide gelassen werden. Bei diesem Wetter sind die höchsten Fructankonzentrationen zu erwarten.

Vorsicht Falle: Satte hohe Wiesen schätzen viele Pferdehalter als gefährlicher ein, abgemähte dagegen als unbedenklich. Nach dem augenblicklichen Stand der Dinge kann dies aber genau umgekehrt sein.

Da in den Grashalmen Fructan in wesentlich höheren Konzentrationen gespeichert wird als in den Blättern, nehmen Pferde, die auf eine frisch abgemähte Weide kommen, unter Umständen wesentlich mehr Fructan auf, als auf einer natürlich abgegrasten gut gepflegten Weide mit entsprechend hohem Blattanteil.

Fructan vermehrt die Bakterien im Darm und säuert den Darminhalt des Pferdes an:
Fructane werden in den vorderen Abschnitten des Verdauungstraktes von Pferden offensichtlich nur schlecht verwertet und gelangen bei entsprechender Aufnahme in erheblichen Mengen in den Dickdarm. Die Darmflora ist nicht auf die Verarbeitung dieser Fructanmengen ausgelegt und es kommt zu einer übermäßigen Vermehrung von Bakterien, die die natürliche Darmflora verdrängen und den Darminhalt ansäuern. Die Ansäuerung des Darminhaltes im Dickdarm löst eine Kaskade von Ereignissen und Reaktionen aus, die dann im akuten Reheschub gipfelt. Einer Übersäuerung des Dickdarminhaltes ist übrigens auch der Grund für den Reheschub der zu erwarten ist, wenn sich Pferde übergroße Mengen von Kraftfutter (Stärke) einverleibt haben (unbeaufsichtigt den Futterwagen geplündert, etc.) Auf die komplizierten Vorgänge, die zum eigentlichen Reheschub führen und das typische Erscheinungsbild der Rehe hervorrufen will ich an dieser Stellung nicht weiter eingehen

Die Rehegefahr durch Fruktane besteht generell über das ganze Jahr hinweg, schwankt aber entsprechend der Witterung. kann man durch entsprechendes Weidemanagement sinnvoll reguliert werden.
Prinzipiell sollte man gefährdete Pferde (wenn alle anderen Faktoren berücksichtigt sind!) eher zu Tageszeiten auf die Weide schicken zu denen die Photosynthese (Fruktanebildung) reduziert ist (bei Dunkelheit/Bewölkt) und das Pflanzenwachstum begünstigt ist (Wärme und Feuchtigkeit).
Bei entsprechenden Witterungsbedingungen kann es somit sinnvoll sein die Pferde spät nachts oder sehr früh am Morgen auf die Weide schicken und am Morgen, wenn die Sonneneinstrahlung zunimmt, von der Koppel holen.

Das durch kalte Temperaturen gestresste Gras im Frühjahr und Herbst ist besonders gefährlich. Am gefährlichsten ist das Gras an einem strahlend blauem Tag nach Nachtfrost.

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